Plagiate: Profs müssen Arbeiten lesen
Wir sprachen mit einer Expertin für Plagiate, Debora Weber-Wulff von der HTW über unnütze Erkennungssoftware und die wissenschaftliche Praxis.
Frau Weber-Wulff, hat die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft unter der Guttenberg-Affäre um Plagiate gelitten?
Debora Weber-Wulff: Ja, sehr stark. Über die Doktorarbeit wurde viel gescherzt, nach dem Motto: In der Schule hat doch jeder mal abgeschrieben. Viele Wissenschaftler ärgern sich, dass es ihnen nicht gelungen ist, darzustellen, dass Wissenschaft etwas anderes ist als Text-Remix.
Muss man als Prüfer grundsätzlich misstrauen?
In der Wissenschaft bauen wir auf Ehrlichkeit. Wir sind darauf angewiesen, dass schwarze Schafe auffliegen. Deshalb muss es auch ein gesundes Misstrauen geben.
Wie entdeckt man denn Plagiate?
So wie es der Bremer Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano bei zu Guttenbergs Doktorarbeit gemacht hat: Ihm sind beim Lesen merkwürdige Gedankensprünge aufgefallen, daraufhin hat er ein paar Wörter bei Google eingegeben und die Originalquellen entdeckt.
Ist spezielle Software für die Erkennung von Plagiaten nicht besser als Google?
Die Internetsuchmaschinen sind inzwischen sehr gut. Die meiste sogenannte Plagiatserkennungssoftware findet auch nicht alles. So können etwa Umlaute das Programm zum Absturz bringen. Grundsätzlich kann man mit solchen Programmen nur Kopien finden. Aber wenn man Gedankengänge wiedergibt, die Struktur der Arbeit oder eine bestimmte Idee von einer anderen Person übernimmt, muss man das auch kenntlich machen. Da müssen wir noch mehr aufklären.
Wissen die Leute wirklich nicht, dass Abschreiben ohne Quellenangabe verboten ist?
Es ist schwer zu sagen, ob die Leute es nicht besser wissen oder absichtlich schummeln. Es gibt zwar ein paar Untersuchungen, aber alle haben das Problem: Wer gibt schon ehrlich zu, aus welchen Motiven er oder sie ein Plagiat erstellt?
Welche Tipps gibt es, um zu schummeln, ohne dass es herauskommt?
Da gibt es jede Menge. Nur die Arbeit, die man machen muss, damit das Plagiat nicht auffliegt, ist genauso groß wie für eine normale Arbeit. Das liegt daran, dass Sie zunächst etwas Passendes finden müssen. Wenn sich aber Leute einen Tag vor Abgabetermin irgendeine Arbeit aus dem Internet holen, dann fliegt das auf.
Wie könnte der Kampf gegen Plagiate noch konsequenter geführt werden?
Wir müssen aufklären und vorleben. Es gibt immer noch Professoren, die meinen, dass alles, was an ihrem Lehrstuhl geschrieben wurde, ihnen gehört. Professoren veröffentlichen, was die Doktoranden schreiben; Doktoranden veröffentlichen, was die Studenten schreiben; und die Studenten schreiben voneinander ab. Genau das schadet der Wissenschaft ungeheuer.
Was halten Sie davon, alle Abschlussarbeiten auch elektronisch einzureichen, damit sie mit Software überprüft werden können?
Überhaupt nichts. Es reichen drei bis fünf Worte, die man bei Google eingeben muss. Das können die Professoren noch selber abtippen. Aber dafür müssen sie die Arbeiten lesen.